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[ Post vom 18. April 2022 – 7.46 Uhr ]

PROJEKT
MESSIASORGANISMUS»Der Messias-Organismus« – 1. Korinther 12,1-31

Das ist eine Übersetzung, die dabei helfen möchte, an dem Text zu arbeiten, auch wenn man selbst vielleicht kein Griechisch kann (oder nur wenig). In eckigen Klammern steht, was im deutschen Text dem Verständnis hilft, aber so nicht in der griechischen Vorlage zu finden ist. So wird es möglich, auch am deutschen Text u.a. das Stilmittel der Ellipse 00 Auslassung eines Wortes, meist eines Verbs, das sich aus dem Zusammenhang leicht erschließen lässt (-> Lebendigkeit der Rede, fordert die Aufmerksamkeit der Rezipierenden und fördert sie dadurch). Beispiel für Ellipse: V. 17. ausblenden zu entdecken.

»Der Messias-Organismus«Eine Arbeitsübersetzung von 1 Kor 12,1-31

1 Über die pneumatischen 11 Das griechische Wort pneúma und verwandte Adjektive bedeuten »Atem« und »Wind«. In diesem Zusammen wird es üblicherweise mit »Geist« übersetzt. Das hat mit Atmen und Wind leider ganz und gar nichts mehr zu tun. Stattdessen trägt es eine riesige Last theologischer Vorverständnisse in den Text, die ich sehr gerne draußen lassen möchte. Ich möchte es erneut als lebendige Metapher (etwa: das Atmen Gottes) verstehen und dazu einladen, zu entdecken, was solch eine lebendige Metaphorik für das Verständnis des Textes bring. Deshalb habe ich »pneúma« und »pneumatisch« als Variablen für diese Metapher in der Übersetzung verwendet. Und ja, es ist das pneúma, was ich auch noch einmal etwas anders anfühlt als der Geist. ausblenden Dinge, Brüder, möchte ich euch nicht im Unklaren lassen. 2 ihr wisst, dass, als ihr noch »Völker« wart, ihr zu den stummen Götzenbildern unwiderstehlich hingezogen wart. 3 Deshalb informiere ich euch, dass niemand als einer, der mit Pneuma spricht, sagt: »Verflucht sei Jesus!« Und dass niemand sagen kann, »Herr ist Jesus«, es sei denn mit heiligem Pneuma.

4 Hinsichtlich der Charísmata 22 Eine übliche Übersetzung ist »Gnadengabe«. Ich schlage vor bei chárisma (das ist der Singular) »Geschenk« zu hören und anhand des Textes herauszufinden, was »Geschenk« hier bedeuten könnte. Auch hier fungiert das griechische Wort als Platzhalter in meiner Übersetzung für das, was es alles heißen kann (vgl. Anm. 1). ausblenden existiert eine große Vielfalt. Aber es ist dasselbe Pneuma. 5 Es gibt eine Vielfalt an Diensten, und es ist [doch] derselbe Herr. 6 Und es gibt eine große Vielfalt an Inwerksetzungen 33 Auf Griechisch energémata (Sg. enérgema) – ein Parallelwort zu enérgeia. Wenn man dieses Wort ins Deutsche überträgt, landet man bei Inwerksetzung in dem Sinne, dass etwas Wirklichkeit wird – also ganz im Sinne von Aristoteles (vgl. Anm. 5). ausblenden , aber es ist derselbe Gott, der alles in allem ins Werk setzt.

7 Jedem ist aber das Offenkundigwerden 44 Griechisch: phanérosis– das bedeutet, dass etwas sichtbar wird (für »Offenbarung« gibt es ein anderes Wort: apokákypsis). ausblenden des Pneumas dafür gegeben, um zum Gelingen der Gemeinschaft beizutragen. 8 Durch das Pneuma wird nämlich dem einen ein Gedanke (Logos) der Weisheit gegeben, einem anderen aber ein Gedanke (Logos) der Erkenntnis nach demselben Pneuma, 9 einer anderen Person aber besonderes Gottvertrauen in demselben Pneuma, wieder einem anderen Charísmata von Heilungen in dem einen Pneuma, 10 wieder einem anderen Inwerksetzungen von Dynámeis 55 Das wird an dieser Stelle für gewöhnlich mit »Wunderkräfte« o.ä. übersetzt.Es kann gut sein, dass Paulus das so gemeint hat. Auf einer sprachpragmatischen Ebene ist offensichtlich, dass er davon ausging, auch in diesem knappen Jargon von den Korinthern verstanden zu werden. Es ist eine der Stellen, die uns schmerzhaft daran erinnert, dass wir nur den Brief, aber nicht auch das Leben haben, für das er bestimmt war. Deshalb möchte ich daran erinnern, dass dynamis im Griechischen zunächst »Möglichkeit« im Sinne von Potenzial bedeutet. Alle anderen Bedeutungen – wie zum Beispiel »Kraft« oder gar »Wunder« sind abgeleitet davon und im Prinzip Metaphern, die ihre Lebendigkeit verloren haben, weil sie zu gewohntem Sprachgebrauch geworden sind. Ich möchte dazu einladen, darüber nachzudenken, ob sich alternative Deutungen für diese Stelle anbieten, wenn man die Formulierung »Inwerksetzungen von Potenzialen« hört. Schließlich schreit das Beisammensein von »Inwerksetzung« (enérgema [= enérgeia]) und »Potenzial« förmlich nach Aristoteles. Durch die Scholastik ist uns die lateinische Begrifflichkeit in Bezug darauf (leider) vertrauter – es geht um das Begriffspaar »Potentialität« und »Aktualität«. Auf Griechisch heißt Potentialität bei Aristoteles dynamis und Aktualität enérgeia. Wie viele Gleichnisse und Bildworte Jesu über Samenkörner, aus denen eine Pflanze wächst, müssen wir hören, damit wir Paulus gestatten, auch so wie Jesus zu denken – nur eben in dem aristotelischen Begriffspaar dynamis– enérgema? Denkt man in diese Richtung, landet man hier bei einem Begabungsprofil, dass man vielleicht mit »Hebammen des Reiches Gottes« oder »Gärtner des Evangeliums« bezeichnen könnte – also Menschen, die daran mitwirken, dass das weltregierende Handeln Gottes in konkreten Situationen Wirklichkeit wird (im Sinne von Aristoteles: Aktualität gewinnt).Vgl. auch Vers 6. ausblenden , noch einem anderen Prophetien, einem anderen wiederum die Unterscheidung der Pneumata, noch einer anderen Person verschiedene Arten von Sprachen (Zungen), einem anderen die Übersetzung von Sprachen (Zungen). 11 Dies alles setzt das eine und dasselbe Pneuma ins Werk, das jedem zuteilt, wie es will.

12 Denn wie der Körper einer ist und viele Körperteile hat, alle Körperteile aber, obwohl sie viele sind, einen Körper bilden, so ist auch Christus: 13 denn auch ihr alle wurdet in einem Pneuma in einen Körper hinein getauft (Aorist => punktueller Aspekt und Vergangenheit): sowohl Juden als auch Griechen, sowohl Sklaven als auch Freie, alle sind in einem Pneuma getränkt worden. 14 Denn auch der Körper besteht nicht nur aus einem Körperteil sondern aus vielen.

15 Wenn der Fuß nun spräche, »Weil ich nicht Hand bin, bin ich nicht Teil des Körpers!«, würde er nicht doch trotz dieser [Behauptung] dennoch zum Körper gehören? 16 Wenn das Ohr nun spräche, »Weil ich nicht Auge bin, bin ich nicht Teil des Körpers!«, würde es nicht doch trotz dieser [Behauptung] dennoch zum Körper gehören? 17 Wenn der ganze Körper Auge [wäre], wo [bliebe] dann das Gehör? Wenn der ganze [Körper] Gehör [wäre], wo [bliebe] der Geruchssinn? 18 Nun hat aber [eben] Gott jedes einzelne Körperteil in den Körper eingefügt, wie er es wollte (Aorist! Schöpfungshandeln damals an Adam und Eva: Grundlage des Typos). 19 Wenn alles nur ein einziges Körperteil wäre, wo [bliebe] dann der Körper [im Sinne eines Organismus’]? 20 Jetzt sind die Körperteile aber [eben] viele, wobei der Körper eine Einheit bildet. 21 Das Auge kann nicht zur Hand sagen, »Dich brauche ich nicht!«, noch kann der [ganze] Kopf zu den Füßen sagen, »Euch brauche ich nicht!«

22 Dagegen sind vielmehr gerade die Teile des Körpers unverzichtbar, die für die Schwächeren gehalten werden. 23 Und diejenigen Teile des Körpers, von denen wir denken, dass sie kaum Beachtung verdienen 66 Wörtlicher: …dass sie nicht ehrenvoll sind… ausblenden , gerade denen bringen wir um so mehr Wertschätzung entgegen und die Teile von uns, die [eigentlich] kaum auffallen, erhalten so eine herausragende Bedeutung. 24 Unsere besonders präsentablen Gliedmaßen haben das [ja] nicht nötig.

[Und] gerade so hat Gott den Körper vereinigt (Aorist), indem er dem Benachteiligten überragende Wertschätzung gab (Pt. Aorist), 25 damit kein Schisma 77 Das griechische Wort »schisma« steht hier tatsächlich auch im griechischen Text selbst – vielleicht hat es im Deutschen mehr Kraft, wenn man es als Fremdwort stehen lässt, statt es mit »Spalt« oder »Riss« zu übersetzen. ausblenden im Körper sei, sondern sich das eine für die jeweils anderen Körperteile in Gegenseitigkeit verantwortlich fühle. 26 Und wenn ein einzelnes Körperteil leidet, leiden alle Körperteile mit. Wenn ein Körperteil besondere Ehre erfährt (verherrlicht wird), so freuen sich alle Körperteile mit.

27 Ihr aber seid der Körper Christi und als Teile betrachtet [seine] Gliedmaßen (Antitypos) 88 Paulus entfaltet hier eine Typologie wie in Römer 5 (Adam-Christus), nur hübscher: Wie Gott den menschlichen Körper als Organismusgeschaffen hat, deren Glieder und Organe ein Ganzes bilden, so schafft er die ekklesía als den Körper des auferstandenen Messias jetzt – also als Organismus mit Gliedmaßen und Organen, die voneinander abhängig sind. ausblenden . 28 Und die hat Gott in der Ekklesía 99 »Kirche« ist ein Lehnwort von ekklesía; andere übliche Übersetzungen sind »Gemeinde« oder »Versammlung«. Für mein Empfinden sind alle drei Begriffe verbraucht und stellen einem ein Bein, wenn man dem neu begegnen möchte, was Paulus denkt und mit den Korinthern teilen möchte. Deshalb bleibe ich auch hier erst einmal beim Original, ohne es zunächst zu übersetzen. ausblenden zuerst zu Aposteln, zweitens zu Propheten und drittens zu Lehrern 1010 Eine Aufgabe wird sein, sich darüber Gedanken zu machen, was Paulus ursprünglich mit Aposteln, Propheten und Lehrern gemeint haben könnte. Dazu gibt es inzwischen auch einige Überlegungen aus einer kultur-anthropologischen Herangehensweise. So wichtig wie Gabentests und Bücher über Geistesgaben definitiv sind –ihr Umgang mit biblischen Texten mangelt bisher einer notwendigen exegetischen Reflektion, weil sie sich ihre z.T. offensichtlichen Anachronismen nicht bewusst machen. Letzteres trifft übrigens auch auf den Slogan vom »Fünffältigen Dienst« zu. ausblenden bestimmt (Aorist). Ferner [hat er] Dynámeis [bestimmt], dann Charísmata von Heilungen, Hilfestellungen, Kybernéseis 1111 Kybernetik ist ja inzwischen ein Teekesselchen. Einerseits bezeichnet dieses Fremdwort seit Norbert Wiener sich selbst steuernde Systeme wie Toilettenspülungen und vieles weitaus Komplexere. Mit dem 1. Korinther-Brief haben wir es aber mit der Quelle zu tun, die Kybernetik zur »Kunst der Kirchenleitung« hat werden lassen. Bei kybérnesis (das ist der Singular) handelte es sich um die komplexe Kompetenz, die ein Steuermann bzw. Kapitän eines Schiffes brauchte, um mit seiner Mannschaft an ein Ziel auf der anderen Seite des Meeres zu segeln. Bereits in der Antike wurde es als Metapher für die »Lenkung des Staates« verwendet. Im Lateinischen wurde ein Lehnwort daraus, z.B. guberator/gubernatrix(m./f.) – unser Gouverneur (usw.) leitet sich davon ab. Das Stichwort kommt auch dreimal in der griechischen Übersetzung des atl. Sprüche-Buchs vor, der Septuaginta (abgekürzt: LXX). Das waren Texte, mit denen Paulus offenbar sehr vertraut war, denn er zitiert die Hebräische Bibel zumeist in ihrer durch die Septuaginta geprägte Form und verzichtet darauf, selbst aus dem Hebräischen ins Griechische zu übersetzen. Deshalb ist es sowohl nötig als auch lohnend, sich mit diesen drei Stellen zu beschäftigen, wenn man herausfinden möchte, was er wohl gemeint haben mag. Es handelt sich um Sprüche 1,1-6, 11,9-14 und 24,3-8a. ausblenden , Arten von Sprachen (Zungen).

29
[Sind] etwa alle Apostel? [Sind] etwa alle Propheten? [Sind] etwa alle Lehrer? [Haben] alle etwa Dynámeis?
30
Haben etwa alle Charísmata von Heilungen? Sprechen etwa alle verschiedene Sprachen (Zungen)? Übersetzen etwa alle?
31
Ihr sehnt euch1212 Das ist im griechischen Original rein philologisch betrachtet doppeldeutig. Es kann eine Aussage mit einem Fragezeichen in der Stimme sein – ich finde, dass das vom Kontext her mehr Sinn macht – oder aber auch ein Imperativ: »Sehnt euch nach größeren Charísmata!« ausblenden nach größeren Charísmata?1313 Die Verse 28-30 bilden ein Anakoluth (grammatisch eigentlich nur V. 29, die Figur wird aber bereits in V. 28b vorbereitet). Das ist ein rhetorisches Stilmittel, das bedeutet, dass die Rede bewusst aus der grammatischen Struktur des Satzes fällt. Es wird eingesetzt, um den Aufmerksamkeitspegel zu erhöhen. Vers 31 beendet inhaltlich das Anakoluth und platziert seine Frage und den Hinweis auf das Folgende auf dem Gipfel der Aufmerksamkeit. Paulus benutzt dieses rhetorische Mittel hier, um sein geschriebenes Wort wie gesprochenes klingen zu lassen und eine angemessen dramatische Überleitung zu Kapitel 13 zu schaffen: Seht eure Unterschiedlichkeit, seht, dass sie nötig und von Gott gewollt ist, aber bildet durch diese Unterschiedlichkeit hindurch eine Einheit in der Liebe… Das ist rhetorisch brillant, weil Paulus in den Versen 27 und 28 den Ball seiner Argumentation bereits treffsicher ins Tor geschossen hat und damit erfolgreich das Ende seiner Gedankenkette erreicht haben sollte – aber es geht noch weiter. Sein Anakoluth leistet, dass seine Hörer:innen weiter dran bleiben. ausblenden

Dann zeige ich euch einen Weg, der noch darüber hinausführt: (Es folgt Kapitel 13)

Übertragung: Thilo Maußer

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